Titel

des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens

Schweinefreilandhaltung im Rahmen der Landschaftspflege

gefördert vom Bundesministerium 

für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF)

Fördernummer: 39815N

 

Laufzeit:

01.09.1999 – 31.08.2002

 

Projektleiter:

Prof. Dr. P. Poschlod

Fachgebiet Naturschutz II

Fachbereich Biologie

Philipps-Universität Marburg

35032 Marburg

Tel.: 06421/283436

Fax: 06421/286588

e-mail: poschlod@mailer.uni-marburg.de

 

 

Projektkoordination:

Dr. B. Beinlich

Untere Mauerstr. 8

37671 Höxter

Tel.: 05271/180916-7

Fax: 05271/180903

e-mail: bioplan.hx@t-online.de

 

 

 

Einführung

Die veränderten Rahmenbedingungen für die deutsche Landwirtschaft in diesem Jahrhundert haben dazu beigetragen, dass eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten mit Anpassungen an traditionelle Wirtschaftsformen in ihrem Bestand stark zurückgegangen sind. Besonders landwirtschaftlich ertragsschwache Standorte fallen aus der Nutzung oder werden aufgeforstet. Gerade diese Offenlandbiotope sind aber häufig besonders wertvoll für den Naturschutz.

Der klassische Naturschutz versucht seit langem, durch finanzielle Unterstützung extensiver Nutzungsformen oder durch Pflege solche, besonders wertvollen Lebensräume zu erhalten und vor Verbuschung und Wiederbewaldung zu bewahren. Für eine Vielzahl von Flächen ist dieser mit z.T. hohen Kosten verbundene Aufwand jedoch auf Dauer nicht durchführbar und die Offenhaltung der Biotope zukünftig nicht gewährleistet.

In diesem Kontext stellt sich die Frage, inwieweit im Freiland gehaltene Schweine einen Beitrag zur Offenhaltung der Landschaft zu leisten vermögen. Im Gegensatz zu anderen Weidetieren ist hierzu wenig bekannt, obwohl Schweine über Jahrhunderte im Freiland gehalten wurden.

Schweine unterscheiden sich aufgrund ihrer Wühltätigkeit ganz wesentlich von anderen Weidetieren. Auf der Suche nach nahrhaften Wurzeln oder Insektenlarven reißen sie im Grünland die geschlossene Grasnarbe auf und schaffen so immer wieder neue Rohbodenstandorte. Sie sorgen so für eine veränderte Vegetationszusammensetzung und eine Auflockerung der Vegetationsstruktur. Schweineweiden stellen somit sich sehr schnell verändernde Lebensräume dar. Sie weisen daher große Ähnlichkeiten mit natürlichen dynamischen Systemen wie naturnahen Flußauen auf, in denen es durch die Kraft des Wassers immer wieder zu Veränderungen der Vegetation, der Fauna und des Bodens kommt.

 

 

Extensiv in Koppeln gehaltene Schwerfurther in den Elbtalauen - Brandenburg (Lenzen 1996)

 

Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen deshalb die Möglichkeiten, die eine extensive Schweinefreilandhaltung zur Offenhaltung der Landschaft und zur Förderung dynamischer Prozesse bietet, untersucht werden. Neben den Auswirkungen dieses Nutzungssystems auf Flora und Fauna sowie den Boden sollen gleichzeitig die Auswirkungen der Haltungsbedingungen auf die Gesundheit und das Verhalten der eingesetzten Tiere überprüft werden. Weiterhin ist von großem Interesse, inwieweit dieses Nutzungssystem auch wirtschaftlichen Kriterien Rechnung trägt.

Im Vorhaben soll die Eignung verschiedener Schweinerassen zur Nutzung unterschiedlicher Standorte erprobt werden. Eingesetzt werden im Rahmen des Vorhabens alte Rassen bzw. Rückzüchtungen alter Rassen. Diese bieten zum einen die beste Gewähr für einen erfolgreichen Einsatz. Zum anderen kann bei Nachweis ihrer Eignung für Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt, hier bei Nutztieren, erbracht werden. Im Gegensatz zur früher üblichen Hütehaltung werden die Tiere im Rahmen des Vorhabens allerdings in weitläufigen Koppeln gehalten.

 

 

Aufteilung der

verschiedenen Teilprojekte und Bearbeitungsschwerpunkte

 

 

 

TEILPROJEKT ETHOLOGIE:

„Untersuchungen zur Raumnutzung, zur Nahrungswahl und zum Verhalten unterschiedlicher Schweinerassen untere extensiven Haltungsbedingungen“

Wie wohl fühlt sich ein Schwein im Freien? Diese Frage steht im Mittelpunkt der ethologischen Untersuchungen des Projektes. Was Schweine wie, wo und wann unter extensiven Haltungsbedingungen tun, ist eine weitere Frage, die es zu klären gilt. Während die Kenntnisse über das Verhalten und die Ansprüche von Schweinen an ihre Umgebung in konventionellen Mast- und Zuchtbetrieben sehr groß sind, ist über das Verhalten unter Freilandbedingungen nur sehr wenig bekannt Untersucht wird als sehr bedeutsamer Parameter die Nahrungsaufnahme: was fressen die Schweine und wie viel? Aber auch andere Aspekte des Verhaltens wie Sozialverhalten, Komfortverhalten, Ruhephasen, Spieltrieb und die Fortpflanzung der Schweine werden in diesem Rahmen untersucht. Das für den Naturschutz interessanteste Phänomen des Verhaltens der Schweine ist das Wühlen unter der Grasnarbe nach Nahrung. Aufgabe der Verhaltenskunde wird daher auch sein herauszufinden, wo die Schweine am liebsten wühlen und ob sich das Wühlen steuern lässt. Dabei wird untersucht, inwieweit sich die Wühlaktivität durch Variation der Haltungsbedingungen (z.B. der Zufütterung) steuern lässt. Durch die Auswahl standörtlich unterschiedlicher Weideflächen soll weiterhin überprüft werden, welche Flächen sich für den Einsatz der Tiere besonders eignen.

 

 

 

Elbtalauen bei Lenzen (Foto: Herold 1997)

 

Projektleiter:

Dr. B. Beinlich, BIOPLAN, Untere Mauerstr. 8, 37671 Höxter, Tel.: 05271/180916-7, Fax: 05271/180903, e-mail: bioplan.hx@t-online.de

 

 

 

TEILPROJEKT TIERHYGIENE/TIERMEDIZIN:

„Hygiene und Tiergesundheit bei der Freilandhaltung von Schweinen“

 

Im Teilprojekt Tierhygiene und Tiergesundheit sollen vornehmlich die Wechselwirkungen zwischen Organismus (Schwein) und Umwelt untersucht werden, die unter den definierten Bedingungen der Stallhaltung nicht auftreten oder weitgehend ausgeschaltet sind.

Hierzu werden im festgelegten Zeitabstand von acht Wochen an allen Standorten jeweils alle Tiere intensiv klinisch untersucht. Da die Schweine aus den weiter oben angeführten Gründen nur mit geringen Mengen eines kommerziellen Futters zugefüttert werden, soll die Kondition der Tiere in kürzeren Zeitabständen mit Hilfe eines body-condition-score-Schlüssels abgeschätzt werden. Die Gewichtsentwicklung wird in größeren Abständen durch das Wiegen aller Tiere der Herde kontrolliert.

Da im Freiland selbst bei sachgerechter Einzäunung ein Kontakt mit wildlebenden Kleinsäugern nicht ausgeschlossen werden kann, sollen zum Ausschluss und zur Überwachung ausgewählter z.T. anzeigepflichtiger (z.B. Brucellose) und meldepflichtiger Tierseuchen (z.B. Leptospirose) sowie weiterer relevanter Infektionskrankheiten Blutproben entnommen werden.

In der sich anschließenden serologischen Untersuchung soll überprüft werden, ob sich die Tiere mit den auftretenden Erregern auseinandergesetzt haben. Darüber hinaus werden die Blutproben der Tiere zum Ausschluss von Antikörpern gegen das Virus der Klassischen Schweinepest (KSP) und gegen das Virus der Aujeszkyschen Krankheit (AK) untersucht.

Zur Überwachung des parasitologischen Status der Schweine wird zu Beginn des Projektes auf allen Standorten von jedem Zuchttier eine Kotprobe entnommen und koprologisch in der Klinik für kleine Klauentiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersucht. Da in diesem Haltungssystem ein intensiver Kontakt mit zahlreichen Zwischenwirten möglicher parasitärer Erreger wahrscheinlich ist (Regenwurm, Zwergschlammschnecke, Fuchs), soll die laufende Untersuchung auf endoparasitologische Stadien im achtwöchigen Intervall erfolgen. Um das mögliche Auftreten von Ektoparasiten (v.a. Sarcoptes-Räude) zu kontrollieren, wird zu Beginn und im Projektverlauf jeweils ein Hautgeschabsel von den Zuchttieren genommen und labordiagnostisch aufgearbeitet. Bei der klinischen Untersuchung werden die Tiere zusätzlich auf Zecken und Schweineläuse untersucht. Nach der Schlachtung werden die Schlachtkörper gemäß dem geltenden Gesetz u.a. auf larvale Stadien von Trichinen untersucht, da diese durch die Aufnahme von infizierten Mäusen und Ratten übertragen werden können.

Alle während des Projektzeitraumes verendeten Zuchttiere, Läuferschweine und bei Verdacht einer Infektion auch Saugferkel werden zum nächstgelegenen Veterinäruntersuchungsamt transportiert und dort zur Ermittlung der Todesursache seziert. Hierbei entnommene Proben werden zur weiterführenden Untersuchung an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Die ermittelten Befunde sollen auch während des laufenden Projektes den bestandsbetreuenden Veterinären und den zuständigen Veterinärbehörden zugänglich sein.

Zur Beurteilung der im Freiland wechselnden klimatischen Gegebenheiten, mit denen sich die im Projekt gehaltenen domestizierten Schweinerassen auseinandersetzen, sollen ausgewählte Parameter aufgezeichnet werden. Durch den Einsatz von programmierbaren Datenloggern, die über einen eingebauten Langzeitspeicher verfügen, wird die Temperatur und die relative Feuchte der Luft im Freiland sowie in den Schutzhütten der Schweine erfasst. Die ermittelten Daten können auch zur weitergehenden Beurteilung von ethologischen Beobachtungen ausgewertet werden. Zur Erfassung von Bakterien in der Umgebungsluft dieses Haltungssystems werden Messungen auf allen Standorten durchgeführt. Diese Daten sollen, neben den erhobenen klinischen und labordiagnostischen Befunden objektivierbare Parameter darstellen, mit deren Hilfe die Tiergesundheit in der extensiven Freilandhaltung von Schweinen beurteilt werden kann.

Im Juni 1999 ist die Verordnung über hygienische Anforderungen beim Halten von Schweinen (Schweinehaltungshygieneverordnung) in Kraft getreten. Aufgrund der steigenden Zahl der ganzjährigen Sauenfreilandhaltungen in der Bundesrepublik Deutschland hat der Gesetzgeber, u.a. mit den §§ 4 und 5 sowie den dazugehörigen Anlagen dieser Verordnung die gesetzlichen Grundlagen für die Freilandhaltung von Schweinen geschaffen. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Teilprojektes besteht daher auch in der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für Schweinehaltungen, in diesem Fall unter extensiver Freilandhaltung (Bestandsabschirmung, Hygieneschleuse, Kadaverlagerung). Abschließend soll beurteilt werden, ob aus veterinärhygenischer Sicht und aus der Sicht der Tiergesundheit, unter der Vorgabe der derzeit gesetzlichen Grundlagen, eine extensive Haltung von Schweinen im Rahmen der Landschaftspflege möglich erscheint.

Wichtigste Anforderungen an die Freilandhaltung von Schweinen nach der "Verordnung über hygienische Anforderungen beim Halten von Schweinen (Schweinehaltungshygieneverordnung - SchHaltHygV) vom 07. Juni 1999:

-Doppelte Einfriedigung des Betriebes mit verschließbaren Toren.
 
-Ein- und Ausgänge gegen unbefugten Zutritt verschließbar.
-Möglichkeit zum Umkleiden.
-Möglichkeiten zur Absonderung der in der Freilandhaltung vorhandenen Schweine im Seuchenfall.

 

Projektleiter:

Prof. Dr. J. Hartung, Institut für Tierhygiene und Tierschutz, Tierärztliche Hochschule Hannover, 30559 Hannover, Tel.: 0511/9538832,Fax: 0511/9538588, e-mail: ittbuero@itt.tiho-hannover.de

 

 

 

Teilprojekt Tierökologie:

„Auswirkungen der extensiven Schweinefreilandhaltung auf tierische Lebensgemeinschaften des Offenlandes in Abhängigkeit vom Standort“

 

Im Teilprojekt Tierökologie werden die Auswirkungen der Schweinefreilandhaltung auf ausgewählte Tiergruppen untersucht. Während es für die meisten Nutztierarten bereits detaillierte Kenntnisse über die Auswirkung ihrer Weidetätigkeit auf die Zusammensetzung der Fauna gibt, fehlen solche Erfahrungen für die Schweinefreilandhaltung fast völlig. Es gilt somit, eine Inventarisierung der Tierarten auf den Flächen vorzunehmen und die Veränderung der Artenzusammensetzung über den Untersuchungszeitraum zu dokumentieren.

Einschneidende Veränderungen sind durch die Wühltätigkeit der Schweine zu erwarten. Licht- und wärmeliebende Arten sollten durch die geschaffenen Offenbodenbereiche profitieren, der sich vermutlich einstellende größere Blütenreichtum dient Insekten als willkommene Nahrungsquelle und Vögel nutzen die nahrungsreichen Flächen als Nahrungshabitate und Rastplätze.

Eine der zu überprüfenden Vorhersagen ist daher, dass wesentlich mehr Individuen und Arten den Lebensraum Schweineweide besiedeln werden als dies bei herkömmlicher Nutzung der Fall wäre. Neben der Inventarisierung ausgewählter Artengruppen werden daher auch Untersuchungen zur Besiedelung der Flächen und zum Arten-„turn-over“ durchgeführt.

Für die Untersuchungen selbst sind zum einen Artengruppen mit großen bzw. größeren Raumansprüchen wie Vögel und Amphibien, andererseits aber auch Tagfalter, Laufkäfer und Schwebfliegen vorgesehen, die eine kleinräumigere Bewertung der Schweineweiden ermöglichen. Gerade die ausgewählten Wirbellosen reagieren sehr gut auf Veränderungen in der Vegetationszusammensetzung und –struktur und dürften somit besonders aussagekräftige Ergebnisse erbringen.

 

Projektleiter:

Dr. B. Beinlich, BIOPLAN, Untere Mauerstr. 8, 37671 Höxter, Tel.: 05271/180916-7,Fax: 05271/180903, e-mail: bioplan.hx@t-online.de

 

 

 

TEILPROJEKT Vegetation und Pflanzenpopulation:

„Auswirkungen der Schweinefreilandhaltung auf die Vegetationsentwicklung, Populationsdynamik und –genetik ausgewählter Pflanzenarten – Bewertung aus naturschutzfachlicher Sicht“

 

Angaben in Florenwerken aus dem letzten Jahrhundert lassen die Auswirkung der Schweinefreilandhaltung auf die Vegetation bzw. deren Bedeutung für ihre Zusammensetzung bereits erahnen. Die permanente Störung und das damit verbundene Schaffen von Offenboden auf feuchten bis nassen bzw. gelegentlich überschwemmten Standorten hat vielen konkurrenzschwachen Arten, deren natürliche Standorte z.B. durch die zunehmende Verbauung der Flüsse zerstört wurden, ein Überleben ermöglicht.

Heute sind viele dieser Arten, die noch im letzten Jahrhundert als sog. „Schweineweidenunkräuter“ galten, ausgestorben. Dazu gehören z.B. der Vierblättrige Kleefarn (Marsilea quadrifolia), fast alle Tännelarten (z.B. Elatine hydropiper), das Liegende Büchsenkraut (Lindernia procumbens) und viele andere, einjährige Arten der sog. Zwergbinsengesellschaften. Aber auch viele heute hochgradig gefährdete mehrjährige, an die Störung durch eine hohe vegetative Regenerationskapazität angepaßte Arten, sind zu dieser Gruppe zu zählen wie das Gnadenkraut (Gratiola officinalis), die Polei-Minze (Mentha pulegium) und der Knoblauch-Gamander (Teucrium scordium).

Vierblättriger Kleefarn (Marsilea quadrifolia) im Bereich einer alten Wühlstelle in den Save-Auen (Kroatien)

Eines der Ziele des pflanzenökologischen Teilprojekts ist deshalb die Dokumentation der Auswirkung der Schweineweide auf die Vegetation. Da die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass es durch die zahlreichen Offenbodenstellen zur Etablierung neuer Arten kommen wird, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage der Herkunft. Deshalb werden vor Beginn der Beweidung umfangreiche Untersuchungen zum Samenpotential im Boden durchgeführt. Parallel dazu werden verschiedene Untersuchungen darüber durchgeführt, wie Arten neu auf die Flächen gelangen können. Neben den Schweinen dürften v.a. Überflutungen durch angrenzende Fließgewässer (z.B. in der Bruchtaue) dabei eine große Rolle spielen.

Über die Auswirkung von Landnutzungsformen auf die genetische Diversität liegen bisher kaum Untersuchungen vor, obwohl inzwischen die Methoden zur Untersuchung und Messung der genetischen Diversität etabliert sind und deren Erfassung sogar im Zuge der Rio-Konvention (1992, Agenda 21), der EG-Verordnung zur „Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung genetischer Ressourcen der Landwirtschaft“ sowie des 1996 im Rahmen der Internationalen Technischen Konferenz der FAO in Leipzig beschlossenen Globalen Aktionsplanes zur Erhaltung und Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen gefordert wird. Da durch die Schweinefreilandhaltung besonders viele Nischen innerhalb eines Bestandes geschaffen werden, die auch eine Aktivierung der Samenbank beinhalten, bietet sich diese Nutzungsform an, die genetische Diversität vergleichend zu untersuchen, deren Dokumentation das zweite Ziel des pflanzenökologischen Teilprojekts darstellt.

 

Projektleiter:

Prof. Dr. P. Poschlod, Fachgebiet Naturschutz II, Fachbereich Biologie, Philipps-Universität Marburg, 35032 Marburg, Tel.: 06421/283436, Fax: 06421/286588, e-mail: poschlod@mailer.uni-marburg.de

 

 

 

TEILPROJEKT BODENKUNDE:

„Auswirkungen der Schweinefreilandhaltung auf Zustand, Nährstoffhaushalt und biologische Aktivität der Böden – Bewertung hinsichtlich des Bodenschutzes

 

Die Re-Etablierung der Schweinefreilandhaltung ist eine Nutzungsänderung und hat wegen der damit verbundenen Wühltätigkeit und Umverteilung von Nährstoffen sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen auf einen Standort. Aus Sicht des Bodenschutzes sollten bei Nutzungsänderungen bestehende Belastungen abgebaut werden, um damit Bodenpotentiale zu erhalten oder zu erhöhen.

Während einerseits die Bedeutung von Huteweiden und Schweinekoppeln für bestimmte Pflanzenarten belegt ist, ist über die damit verbundenen Bodenveränderungen nur wenig bekannt. Da Umbruchsphasen bevorzugt mit einer Destabilisierung von Gleichgewichten einhergehen, kommt der Erfassung und Bewertung von Bodenveränderungen bei Umnutzungen eine wachsende Bedeutung zu. Gleichzeitig bilden Umnutzungen bei kalkulierten Eingriffen die Chance gegebenenfalls bestehende Belastungen zu reduzieren und die Nutzung in eine Richtung zu entwickeln welche natürlichen Systemen nahe stehen.

Ehemalige Wühlstellen auf einer Huteweide in den Save-Auen (Kroatien)

Ein wesentliches Teilziel besteht darin, herauszufinden unter welchen Rahmenbedingungen (Intensität der Schweinefreilandhaltung, standörtliche Bedingungen) durch langjährige (vor allem) Grünlandnutzung homogenisierte Standorte zu heterogenisieren sind um hierdurch natürlichen Systemen vergleichbare Areale hoher Diversität zu schaffen. Da dies bei der Schweinefreilandhaltung mit einer beständigen Störung des Oberbodens und einer Umverteilung von Nährstoffen verbunden ist, muss gleichzeitig sichergestellt werden, dass keine schädlichen Stoffflüsse in benachbarte Kompartimente (Grund-, Oberflächengewässer) auftreten sowie das Produktionspotential und die Lebensraumfunktion der Böden erhalten bleibt. Als weitere Teilziele leiten sich deshalb die Erfassung des Nährstoffhaushaltes und der biologischen Aktivität der Böden ab, welche hinsichtlich des Bodenschutzes zu bewerten sind. Hiermit sollen zusammen mit den anderen beteiligten Teilvorhaben in Abhängigkeit der standörtlichen Bedingungen Empfehlungen für die Landschaftspflege abgeleitet werden.

Durch qualitative und quantitative Parameter sollen die Auswirkungen auf die Homogenität/Heterogenität, den physikalischen Zustand (Lagerungsdichte, Aggregierung), den Nährstoffstatus (insbes. pH, C, N, P, K) und die biologische Aktivität (mikrobielle Biomasse, Mineralisierung, Lumbrizidenfauna) der Oberböden von Standorten unterschiedlicher Feuchteregime in Abhängigkeit der Intensität einer Schweinefreilandhaltung untersucht werden. Mit diesen Parametern soll als Modellbeispiel für konkurrierende Schutzgüter eine Bewertung der Nutzung aus Sicht des Bodenschutzes erfolgen um hieraus in Abwägung mit dem Biotop- und Artenschutz Empfehlungen für die Landschaftspflege abzuleiten.

 

Projektleiter:

Institut für Bodenkunde und Pflanzenernährung, Professur Bodenkunde und Bodenschutz, Landwirtschaftliche Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Weidenplan 14, 06108 Halle/Saale, Tel.: 0345/5522530, Fax: 0345/5527116, e-mail: jahn@landw.uni-halle.de

 

 

 

TEILPROJEKT AGRARWISSENSCHAFT UND SOZIOÖKONOMIE:

„Agrarwissenschaftliche und sozioökonomische Aspekte der Freilandhaltung von Schweinen“

 

Wenn die Schweinefreilandhaltung mit Extensivrassen als ein Instrument des Naturschutzes eingesetzt wird, so steht hierbei ein ursprünglicher Nebeneffekt dieser extensiven Tierhaltungsform im Vordergrund, der früher bei der traditionellen bäuerlichen Schweinefreilandhaltung stets als kostenloses Zusatzprodukt mitgeliefert wurde: Mit der Erzeugung von Schweinefleisch auf der Freifläche fiel als sog. Kuppelprodukt automatisch der Erhalt spezifischer Bodenstrukturen an, die für den Naturschutz von hohem Nutzen waren.

Mit dem Verschwinden der Freilandhaltung, wofür betriebswirtschaftliche Gründe verantwortlich waren, ging der Natur diese kostenlose Nebenleistung verloren. Das Teilprojekt "Agrarwissenschaft und Ökonomie" wird untersuchen, unter welchen besonderen Bedingungen es gelingen kann, die Schweinefreilandhaltung für die Landwirtschaft und damit auch für den Naturschutz wieder interessant zu gestalten. Dabei wird es insbesondere darauf ankommen, dieses traditionelle, sehr extensive Produktionsverfahren der Schweinefleischerzeugung möglichst wirtschaftlich auszuformen, ohne dass dabei die angestrebten Ziele des Naturschutzes eingeschränkt werden. Es wird vor allem darum gehen, wichtige produktionstechnischen Kennziffern sowie alle Kosten und wirtschaftlichen Leistungen zu ermitteln. Ein besonders interessanter und bisher noch nicht untersuchter Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Ermittlung des Nahrungspotentials, das sich die Weideschweine mittels ihrer Wühltätigkeit zu erschließen in der Lage sind.

Das zentrale ökonomische Problem der extensiven Schweinefreilandhaltung im Rahmen dieses Projektes ist, dass für das Erbringen der "Dienstleistung Naturschutz" keine direkte Honorierung erfolgt, die dieses Produktionsverfahren betriebswirtschaftlich sinnvoll und somit für Landwirte interessant macht. Daher wird das Teilprojekt untersuchen, inwieweit eine Honorierung der erbrachten ökologischen Leistung über das Beschreiten spezieller Vermarktungswege möglich sein kann, die einen ausreichend hohen Preis für das Hauptprodukt, d.h. für das besonders hochwertige, extensiv auf Naturschutzflächen erzeugte Schweinefleisch gewährleisten. In diesem Fall könnte die Schweinefreilandhaltung für einzelne Landwirte eine interessante Marktnische sein, die sowohl aus der Sicht der Landwirtschaft als auch aus der Sicht des Naturschutzes positiv zu werten ist.

 

Projektleiter:

Dr. A. Mährlein, Sachverständigenbüro K.-D. Stock, Erftstr. 46, 41460 Neuss, Tel.: 02131/989470,Fax: 02131/989472, e-mail: Albrecht.Maehrlein@t-online.de

 

 

 

Teilprojekt Koordination:

„Koordination des F+E-Vorhabens und Betreuung der in das Projekt eingebundenen Landwirte“

 

 

Im F+E-Vorhaben sind die Arbeiten der zahlreichen Projektbeteiligten und weiterer Kooperationspartner eng aufeinander abzustimmen. Neben der Koordinierung des wissenschaftlichen Untersuchungsprogramms sind die am Vorhaben beteiligten Landwirte und Einrichtungen zu betreuen und zu beraten. Darüber hinaus soll an einem Standort (Bellersen, Kreis Höxter) in Zusammenarbeit mit der Landschaftsstation Diemel-Egge-Weser die Vermarktung der im Projekt erzeugten Produkte initiiert werden. Parallel laufende, von der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten, Recklinghausen und der Bezirksregierung in Detmold finanziertes Vorhaben sind in das F+E-Vorhaben einzubinden, um es sinnvoll zu ergänzen.

 

Dr. B. Beinlich, BIOPLAN, Untere Mauerstr. 8, 37671 Höxter, Tel.: 05271/180916-7, Fax: 05271/180903, e-mail: bioplan.hx@t-online.de

 

 

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